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RZ-Artikel: "Heinrich sauer, dass Yunus nicht kommt."

Artikel der Rhein-Zeitung, Ausgabe Region Altenkirchen
vom 06.06.2007, Seite 17.

Von Ulf Steffenfauseweh

Heinrich sauer, dass Yunus nicht kommt Vorwürfe gegen Politiker — Zolk kontert: “Kreativität ohne Realitätsbezug”

Untätigkeit der Politiker oder planloser Enthusiasmus eines Bürgers? Bezüglich der Tatsache, dass der Friedensnobelpreisträger zwar in Deutschland ist, aber nicht nach Hamm kommt, erhebt Wolfgang Heinrich schwere Vorwürfe gegen die heimischen Bürgermeister. Für die kontert Josef Zolk.

HAMM. Wolfgang Heinrich ist sauer. Denn Friedensnobelpreisträger
Muhammad Yunus ist in Deutschland, besucht sogar das nahe Köln, kommt aber nicht nach Hamm und in den Kreis Altenkirchen. Aber genau das war die Idee des 66-jährigen ehemaligen Rektors der Etzbacher Grundschule: Den “Raiffeisen von Bangladesch” an die Geburts- und Wirkungsstätte seines historischen Vorbildes zu holen.
Dafür hatte sich der Etzbacher lange und vehement eingesetzt. Er führte etliche Telefonate, schickte Mails, die bis zu Yunus engstem Mitarbeiter vordrangen, und traf sich mit heimischen Politikern und Wirtschaftsvertretern (die RZ berichtete).

Keine offizielle Einladung

Am 1. März stellte er nach eigenem Bekunden seine Bemühungen ein. Denn an diesem Tag hatte ein Treffen mit den Bürgermeistern Heijo Höfer (Altenkirchen), Josef Zolk (Flammersfeld), Vertretern der Verwaltungen von Hamm und Neuwied sowie des Kreises Altenkirchen und einem Vorstandsmitglied der Westerwald Bank stattgefunden. Heinrichs Ziel, dass eine Einladung mit offiziellem Briefbogen an Yunus geschickt werde, wurde nicht verwirklicht. “Man beschloss, keine abzuschicken, da ja nicht sicher sei, ob er überhaupt kommt und die Einladung annimmt. Keiner wisse, was das koste und überhaupt würden zwei Stunden seiner Anwesenheit im Kreis Altenkirchen nichts bringen”, erinnert sich Heinrich mit deutlich säuerlichem Unterton und legt nach: “Von Köln nach
Hamm sind es 15 Hubschrauberflugminuten. Warum er dort nicht einen Besuch abstatten sollte, ist nicht nachzuvollziehen. Hier wird eine einmalige Chance für den Moment und für eine Vielzahl von wichtigen, möglichen Folgeprojekten vertan.” Ort, Kreis und Land hätte es überdies gut getan, mit Hilfe von Yunus in der Weltöffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit zu genießen, so Heinrich weiter. “Es ist nicht nachzuvollziehen, dass immer wieder Klage geführt wird über Vernachlässigungen der Region in Planungen wie LEP IV, Benachteiligungen bei Infrastruktur-Fragen, Tourismus und anderen Fragen, andererseits aber die wenigen wichtigen und interessanten Möglichkeiten der Image-Pflege, der Fokussierung auf unsere Region, der Vermarktung im besten Sinne nicht wirklich genutzt werden. Von daher ist es vielleicht gut, dass man Yunus eine derartige Grundhaltung gar nicht erst demonstriert”, so Heinrichs Fazit.

Josef Zolk, Bürgermeister von Flammersfeld und damit Amtsnachfolger von Raiffeisen, leitete auf Seiten der Verwaltungsvertreter die Gesprächsrunde mit Heinrich und hat eine gänzlich andere Meinung. “Wenn man eine Einladung abschickt und die vielleicht sogar angenommen wird, ist das eine große Sache. Aber die kostet auch viel Geld, und bringt es den Menschen hier vor Ort wirklich etwas?”, fragt er im Gespräch mit der RZ und ergänzt: “Wir alle, die wir mit öffentlichen Mitteln umgehen, müssen sehr genau überlegen, wie wir damit umgehen. Und Gemeinden in einer schwierigen Finanzanlage wie Hamm und Flammersfeld müssten dann vielleicht einen Kinderfreizeitspaß ausfallen lassen, wenn man für so ein Event Geld ausgibt. Das machen wir nicht.”

Kein Konzept

Außerdem, so Zolk weiter, habe von Heinrich weder ein inhaltliches noch ein finanzielles Konzept vorgelegen (Anmerkung der Redaktion: In Gesprächen mit der RZ hatte Heinrich eine ungefähre Größenordnung von 50.000 Euro benannt. Damals war allerdings noch nicht klar, dass Yunus ohnehin Deutschland besucht.). Und deshalb wird der Flammersfelder Bürgermeister auch deutlich und wirft Heinrich “ungebündelte Kreativität ohne Realitätsbezug” vor. “Wir sind ja begeistert von seiner grenzenlosen Kreativität. Aber die hält mit einer sorgfältigen Planung nicht Schritt.”

Ansonsten seien sich in der Gesprächsrunde aber natürlich alle einig gewesen, dass viel mehr für den Gedanken Raiffeisens getan werden müsse. “Wir sind unglaublich interessiert, das zu forcieren. Aber wir sind keine, die eines kurzfristigen Aufsehens wegen eine Veranstaltung durchführen ohne Nachhaltigkeit”, so Zolk.

Leserbrief vom 25. Juni 2007 in der Rhein-Zeitung

“Statt Emotionen Tatsachen”
Muhammad Yunus, der Friedensnobelpreisträger aus Bangladesch, hat eine Einladung in den Geburtsort Raiffeisens vorliegen.
Statt Emotionen Tatsachen: Alle eingeladenen Gesprächsteilnehmer hatten vorab umfangreiche Darstellungen des Gesamtprojektes bekommen (ob gelesen?); viele waren von Januar an unmittelbar minutiös über alle Aktivitäten (Inhalte/Finanzierung) informiert. Details dazu im Internet unter „wolfgangheinrich.de“. DieFinanzierung mit „Kinderfreizeitspaß“ zu verbinden ist infam, die Aussage „ungebündelte Kreativität ohne Realitätsbezug“ ist diffamierend. Für mich gilt: eigene durchdachte Vorschläge ja, detaillierte „Vorlagen“ für Verwaltungschefs über Inhalte, Ablauf und Finanzierung wären anmaßend und ungerechtfertigt. Dazu sollte das Gespräch dienen. In Zeiten industrieller und struktureller globaler und regionaler Veränderungen, in Zeiten der Erderwärmung und Klima-Diskussionen sollten heiße Luft und CO²-Sprechblasen von Raiffeisen-Nachfolgern zugunsten konstruktiver, besserer Vorschläge unterbleiben. Raiffeisen hätte allein aus seiner christlichen Grundhaltung heraus ähnliche Aussagen unterlassen, aber auch um Bürger-Engagement zu respektieren und zu fördern.

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